Europaschule1Bildungspolitik ist eigentlich Sache der Länder, dennoch hat die EU in den Klassenräumen einen Platz. Das gilt auch für Lünen, wo es bisher eine zertifizierte Europaschule gibt.

Dieser Austausch hatte es in sich – bei ihrem Besuch in der niederländischen Hafenstadt Rotterdam stellten Schülerinnen des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums (FSG), der bisher einzigen Lüner Europaschule, so manchen Vergleich zwischen dem deutschen und dem niederländischen Schulsystem an. Und sind sich einig – beide haben Vor- und Nachteile.

Seit wann ist das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium Europaschule? Im Mai 2012 wurde das FSG zertifiziert. Derzeit befindet sich die Schule im Rezertifizierungsprozess. Im vergangenen Jahr wurde überprüft, was in Sachen Europa an der Schule stattfindet und was man noch besser machen könnte. Das Zertifikat ist fünf Jahre gültig, die Rezertifizierung dauert aber eine gewisse Zeit. „Unsere Aufgabe als Europaschule ist es, zu versuchen in den Schulalltag den Europagedanken, die Ziele und Werte für die Schüler greifbar zu machen“, so der Europabeauftragte des FSG, Matthias Noé. Über den Austausch mit Schulen in Frankreich und den Niederlanden wird das praktisch gelebt. Es gibt auch bereits Ideen, den Austausch auszuweiten.

Europaschule2Wie ist Matthias Noé Europabeauftragter der Schule geworden? Der Lehrer, der Politik und Philosophie unterrichtet, ist seit 2009 für das Thema Europa am FSG verantwortlich. Zuerst zusammen mit dem 2015 pensionierten früheren stellvertretenden Schulleiter Detlef Suckrau. Als sich Noé ans Stein beworben hat, war er gerade Fremdsprachenassistent in Portugal. „Da hat mich Detlef Suckrau beim Vorstellungsgespräch gleich angesprochen, ob ich nicht das Thema Europa übernehmen wolle.“ Noé wollte und kümmerte sich dann auch mit darum, dass die Voraussetzungen für den Titel Europaschule erfüllt werden. „Ich denke, dieses Ziel, das Zertifikat zu bekommen und auch zu behalten, ist schon wichtig.“

Welche Projekte zum Thema Europa sind am FSG schon umgesetzt worden? Das FSG hat sich an mehreren Comenius-Projekten beteiligt. Zwei Jahre lang, von 2013 bis 2015 am Projekt „Locus“, das sich mit dem Thema Raumplanung beschäftigte. Zusammen mit dem Lüner Gymnasium nahmen daran Schulen aus Italien (Rom), Dänemark (Egaa), Norwegen (Aas) und Griechenland (Aridaia) teil. Davor beschäftigten sich Schülerinnen des Stein-Gymnasiums unter dem Motto „Don´t waste your future“ (werfe deine Zukunft nicht in den Abfall) mit dem Thema Nachhaltigkeit. Noé: „Zusammen mit Schulen aus Portugal, der Türkei und zwei italienischen Schulen.“ Mit einer jeweils kleinen Zahl von Schülerinnen wurden Präsentationen erarbeitet, die dann vor Ort bei den Partnerschulen des Projekts vorgestellt wurden. Noé hofft, dass ein Team des FSG an einem Europa-Quiz in Dortmund teilnehmen kann. Nur vier Schulen werden dafür ausgewählt. Derzeit stellt das Stein ein Team zusammen.

Welche Austausch-Programme gibt es am Stein-Gymnasium? In der Jahrgangsstufe 8 können Schülerinnen an einem Austausch mit Etampes in der Nähe von Paris teilnehmen. Später gibt es dann die Möglichkeit des Austauschs mit Schülerinnen der Zuider-Schule in Rotterdam. Marlene Heide (15) hat an beiden Austausch-Programmen teilgenommen. „In Frankreich waren wir immer in der großen Gruppe unterwegs, da waren wir auch jünger. In Rotterdam haben wir auch in kleineren Gruppen und selbstständiger die Stadt erkundet“, so die Schülerin.

Europaschule3Welche Unterschiede gibt es zwischen der Rotterdamer und der Lüner Schule? Die Technik in der Zuider-Schule ist, so die Feststellung der Schülerinnen, erheblich weiter als in Lünen. „In jedem Klassenraum sind Whiteboards und ein Beamer“, so Marlene. Und Julius Westermann (16) hat Unterschiede beim Umgang zwischen Lehrerinnen und Schülerinnen festgestellt: „Es war fast freundschaftlich.“ Der Unterricht dort laufe eher wie eine Vorlesung ab. In Lünen findet Marlene es besser, dass hier sowohl mündliche wie schriftliche Leistungen bewertet werden, weil ja jeder unterschiedliche Stärken und Schwächen habe. Mündliche Leistungen seien in den Niederlanden eher nicht gefragt.

Was bedeutet Europa für die Schülerinnen? Julius beschäftigt sich mit dem Thema: „Ich finde, dass Europa wichtig ist, um voranzukommen. Aber ich meine, dass Europa ein bisschen seine Ziele aus den Augen verloren hat. Ein paar Entscheidungen waren für mich nicht so akzeptabel.“ Dabei denkt der 16-Jährige an die Urheberrechtsreform, den Streit um Artikel 13, aber auch an die Flüchtlingswelle. „Da wurde Deutschland von anderen europäischen Ländern alleine gelassen.“

So fördert die EU Schulen

Die Mitgliedsstaaten der EU bemühen sich, bestimmte Rahmenbedingungen zu vereinheitlichen. Daher haben sich die Bildungsministerinnen 2009 auf gemeinsame Schwerpunkte und Ziele verständigt.

Dabei geht es etwa um die Verbesserung der Lernergebnisse , die Schaffung flexibler Lernwege, die Einwicklung wirksamer Systemen zur Qualitätssicherung und die Ausweitung der Mobilität. Das bedeutet, dass es Lernenden wie Lehrenden erleichtert werden soll, Erfahrungen in anderen EU-Ländern zu sammeln.

In Nordrhein-Westfalen gibt es, so heißt es aus dem Schulministerium, diverse EU-Programme , durch die unter anderem europäische Schulpartnerschaften gefördert werden.

Im Programm Erasmus+ werden Lehrerinnenfortbildungen, Schulpartnerschaften und die Schulentwicklung in Europa gefördert, auch finanziell. Durch das EU-Programm eTwinning können sich Schulen in Europa online vernetzen, austauschen und gemeinsame Fortbildungen organisieren.

Es gibt zahlreiche andere Aktionen, Wettbewerbe und Projekte im Land – etwa die Europawoche, den Europäischen Wettbewerb und internationale Schulpartnerschaften . Beim individuellen Schülerinnenaustausch tauchen zudem Schülerinnen in das Schul- und Alltagsleben eines anderen Landes ein.